Auenwalder Start-up bringt Pflanzenkohle auf Vormarsch

ProE Bioenergie GmbH
2023-03-09 20:16:00 / Zeitungsberichte / Kommentare 0
Auenwalder Start-up bringt Pflanzenkohle auf Vormarsch -

Auenwalder Start-up bringt Pflanzenkohle auf Vormarsch

Das Auenwalder Start-up ProE Bioenergie GmbH stellt seit 2019 Biopflanzenkohle her. Das nachhaltige Produkt kann vielseitig eingesetzt werden. Auch schadstoffarme Grillkohle aus heimischer Forstwirtschaft gehört zur Produktpalette der Firma.

Von Carmen Warstat

Erstellt:

22. Februar 2023, 06:00 Uhr

AUENWALD. „Da ist viel Bewegung drin“, sagt Hans Sanzenbacher, geschäftsführender Gesellschafter der ProE Bioenergie GmbH in Auenwald, und befindet sich damit schon mitten im Thema. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Marc Widy erläutert er, wie und weshalb das 2006 gegründete Start-up-Unternehmen seit 2019 auf ein neues Tätigkeitsfeld, die Herstellung und Vermarktung von Biopflanzenkohle, setzt.

Definitiv ist Pflanzenkohle ein Multitalent. Sie kann in verschiedensten Branchen zum Einsatz kommen und punktet mit Nachhaltigkeit: Aus Biomasse wie Hecken- und Grünschnitt oder unbehandeltem Holz gewonnen, kann der Allrounder sowohl in Landwirtschaft und unzähligen Industriezweigen zum Einsatz kommen als auch zur Energiegewinnung, für Wasserfilter und die Wasseraufbereitung sowie für die Herstellung von sogenannter Terra Preta genutzt werden. Terra Preta ist Portugiesisch und bedeutet „schwarze Erde“. Ursprünglich wurde der Begriff speziell für den fruchtbaren, tiefschwarzen Boden aus dem Amazonasgebiet verwendet.

Nicht zuletzt kann der Käufer sogar beim Grillen im Sommer etwas für die Entlastung der Umwelt tun, denn auch hochwertige, schadstoffarme Grillkohle aus heimischer Forstwirtschaft gehört zur Produktpalette der Auenwalder Firma. Als das neue schwarze Gold in der Landwirtschaft und im Garten bezeichnen Sanzenbacher und Widy die Pflanzenkohle, mit der zum Beispiel ihr Auenwalder Schwarzhumus angereichert ist. Es handle sich um hervorragendes torffreies Material zur langfristigen Bindung von Feuchtigkeit und anderer Nährstoffe.

„Pflanzenkohle ist ein toller Baustein in Sachen Klimaschutz, und wenn die Regionalität gewährleistet ist, auch ein überaus wirksamer.“

Dabei ist das Herstellungsverfahren uralt. Seit der Eisenzeit stellen Köhler unter Luftabschluss bei hohen Temperaturen in ihren Meilern Holzkohle her. Heute geschieht dies bei ProE Bioenergie unter modernen und effizienteren Bedingungen durch Pyrolyse, das heißt Ausgasung in sauerstoffarmer Umgebung. So bleibt der Brennwert des Materials größtenteils erhalten und das von der Pflanze zuvor aufgenommene Kohlendioxid kann langfristig (über mehrere Hundert Jahre) in der Kohle gebunden werden. Es entsteht ein wertvoller Rohstoff, der zudem bei den meisten Anwendungen eine negative CO2-Bilanz aufweist, denn das Kohlenstoffdioxid wird nicht mehr freigesetzt und bleibt damit der Atmosphäre entzogen.

Sozusagen der Clou ist aber die Möglichkeit der Nutzung von zwei Dritteln der entweichenden Pyrolysegase für die Gewinnung von Prozess- oder Heizwärme beziehungsweise zur Stromerzeugung. In naher Zukunft dürfte auch die Baustoff verarbeitende Industrie von dem Verfahren profitieren, denn die Herstellung eines haltbareren und zugleich weniger schadstoffbelasteten Zements ist machbar. Zudem wird man das „schwarze Gold“ voraussichtlich auch in der vierten Stufe der Abwasserbehandlung nutzen können. Es ist geeignet, im Klärprozess Keime und etwa Arzneimittelrückstände zu eliminieren.

Schon heute leistet die Pflanzenkohle dem Tierwohl unschätzbare Dienste: Vom kleinsten Hamster, Kätzchen, Welpen oder Wellensittich bis hin zu Kühen und Schweinen in der professionellen Tierhaltung kann sie als Futterzusatz und Stalleinstreu Gesundheit und Wohlbefinden der Tiere verbessern – etwa indem sie durch ihre schwammähnliche Konsistenz Schadstoffe im Körper absorbiert und unschädlich macht sowie im Stall für die Bindung von Feuchtigkeit und Giftstoffen sorgt.

Erste Rückmeldungen seien positiv

Und Erfahrungen von Garten- und Obstbauern sowie Privatgärtnern belegen bereits jetzt eine sehr gute Wirkung der Humusmischungen aus Auenwald. Marc Widy berichtet von bestärkenden Rückmeldungen bei Informations- und Schulungsveranstaltungen. „Vielen in Gartenbau und Landwirtschaft ist die Pflanzenkohle schon bekannt, und wir hören immer weder sehr positive Erfahrungsberichte.“ Der Inhaber eines Garten- und Landschaftsbauunternehmens verarbeitet das Produkt zum Teil selbst und kümmert sich um die fachkundige Beratung in Sachen Pflanzenkohle.

Mit insgesamt fünf Mitarbeitern ist die Firma ProE Bioenergie interdisziplinär aufgestellt: Neben Widy als Garten- und Landschaftsbaumeister gibt es mit dem Geschäftsführer Hans Sanzenbacher einen Diplom-Ingenieur für Anlagenbau sowie Experten für Speichertechnologien und Landwirtschaft. Somit kann die ProE für Kommunen, Wohnquartiere und Industrie auch Beratungen hinsichtlich nachhaltiger Energiekonzepte anbieten.

Die Firma setzt auf Umweltschutz von Kommunen und Wirtschaft

Das Unternehmen ist parallel zur Herstellung und Vermarktung seiner Produkte intensiv in die Forschung und Entwicklung der Pyrolyseverfahren eingebunden und im Leonberger Fachverband Pflanzenkohle aktiv. Es setzt auf die Sensibilität von Kommunen und Wirtschaft für den Umweltschutz und sieht dort erhebliche Potenziale. Freilich: „Pflanzenkohle allein wird uns nicht retten, dafür gibt es zu wenig Biomasse.“ Sanzenbacher räumt ein, dass die Pyrolyse nur ein kleiner Baustein in Sachen Klimaschutz ist, „aber ein toller Baustein, und wenn die Regionalität gewährleistet ist, auch ein überaus wirksamer“.

Momentan befinden sich die Pyrolyseanlagen in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern, aber die ProE Bioenergie GmbH hofft auf Investoren in der Region, damit umweltbelastende und unnötig teure Transporte bald der Vergangenheit angehören. Die Politik könne aktiver werden und zum Beispiel durch Zertifizierung der Biopflanzenkohle Zeichen setzen. „Hier geschieht noch viel zu wenig“, sind sich Sanzenbacher und Widy einig.